Vorstand und Präsidium im
Doppel
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Fotos: Witters
Ein Gespräch mit Stefan Kuntz, Vorstandsmitglied der HSV Fußball AG, und mit Marcell Jansen, Präsident des Hamburger Sport-Verein e.V., über Nachhaltigkeit beim HSV.
Moin, Marcell. Der Hamburger Sport-Verein e.V. hat sich auf Initiative seiner Mitglieder im Jahr 2021 dazu verpflichtet, intensiver über seine Aktivitäten im Themenfeld Nachhaltigkeit zu berichten. Was bedeutet Nachhaltigkeit für den HSV und wie prägt sie die Arbeit des Vereins?
Marcell Jansen: Als großer und traditionsreicher Verein tragen wir eine Verantwortung, den Blick auf nachhaltiges Handeln zu schärfen. Der Auftrag seitens der HSV-Mitglieder zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichtes hat unsere Haltung noch einmal verstärkt. Er zeigt klar, dass Nachhaltigkeit nicht nur ein temporäres Thema ist, sondern von unseren Vereinsmitgliedern – übrigens nicht nur von der jüngeren Generation – als wichtiger Bestandteil unserer Vereinsstrategie gesehen wird. Seitdem setzen wir uns noch intensiver damit auseinander, wie wir den Verein in allen Bereichen nachhaltiger aufstellen können. Unser Bekenntnis zu nachhaltigem Handeln haben wir auch in unserer Vereinssatzung festgehalten. Der Nachhaltigkeitsbericht ist ein wichtiges Instrument, um transparent zu zeigen, was wir in diesem Kontext bereits im Repertoire haben und wo noch Handlungsbedarf besteht.
Moin, Stefan. Der Bereich Nachhaltigkeit ist deinem Vorstandsressort bei der HSV Fußball AG zugeordnet. Was verbindest du mit Nachhaltigkeit beim HSV?
Stefan Kuntz: Auch die HSV Fußball AG hat das Bekenntnis zur Nachhaltigkeit in ihrer Satzung verankert – deutlich vor meinem Amtsantritt. Ich kann mich damit sehr gut identifizieren. Unserer Arbeit liegt ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsverständnis zugrunde. Wir beschäftigen uns mit Nachhaltigkeitsaspekten in den drei Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Dazu zählen im Sport zum Beispiel die Ressourcenschonung bei der Rasenpflege, die Sensibilisierung unserer Nachwuchsspieler für die Vielfaltsdimensionen und eine klare Haltung gegen Hass im Netz. Auch in der Kaderplanung gibt es eine Parallele zum Nachhaltigkeitsmanagement. Es geht darum, Ressourcen zu überprüfen und Werte zu schaffen, um den HSV sportlich zukunftsfähig aufzustellen. Grundsätzlich gilt, dass Nachhaltigkeit kein Sprint ist, sondern ein Marathon. Dabei geht es im Sport und auf der Geschäftsstelle um Wirkung und nicht um Effekthascherei.
Wo seht ihr den HSV im Rahmen nachhaltigen Handelns gut aufgestellt und wo gibt es eurer Meinung nach Herausforderungen in der Weiterentwicklung hin zu einer nachhaltigeren Organisation?
Stefan Kuntz: Wir sind strukturell gut aufgestellt. Bei der HSV Fußball AG gibt es einen eigenen Bereich für Nachhaltigkeit, der von Marieke Patyna verantwortet wird. Der Bereich Nachhaltigkeit spielt immer wieder einen Doppelpass mit anderen Bereichen und Abteilungen. Wichtig ist die organisationsweite Sensibilisierung, damit alle Kolleginnen und Kollegen Nachhaltigkeitsaspekte in ihrem Arbeitsbereich mitdenken und vorantreiben. In den vergangenen Jahren haben die ligaweiten und die gesetzlichen Vorschriften für die Arbeit im Themenfeld Nachhaltigkeit und für die entsprechende Berichtserstattung zugenommen. Das ist mit immer neuen Herausforderungen verbunden. Diesen stellen wir uns.
Marcell Jansen: Als gemeinnütziger Sportverein legen wir einen Fokus auf unsere soziale Verantwortung – ohne den Umwelt- und Klimaschutz sowie die ökonomische Nachhaltigkeit außer Acht zu lassen. Zentrale Themen sind dabei für uns unter anderem die Chancengleichheit und die Teilhabe, sodass wir beispielsweise unser inklusives Sportangebot stetig ausweiten. Uns ist wichtig, dass unser Verein für alle zugänglich ist und wir als HSV einen Beitrag zu einer solidarischen Gesellschaft leisten. Darüber hinaus arbeiten wir daran, unsere Sportstätten emissionsärmer zu gestalten und ressourcenschonende Lösungen zu finden. Das betrifft nicht nur den Betrieb unserer Anlagen, sondern auch deren Modernisierung.
Der HSV ist mit mehr als 110.000 Vereinsmitgliedern einer der größten Sportvereine Deutschlands. Welche Rolle spielt das Themenfeld Nachhaltigkeit im Dialog mit HSV-Mitgliedern und -Fans, Marcell?
Marcell Jansen: Das Themenfeld Nachhaltigkeit wird von den HSV-Mitgliedern und -Fans ganz unterschiedlich wahrgenommen – mal mehr und mal weniger intensiv. Oft hängt dies stark vom jeweiligen Thema ab. Nachhaltigkeit wird häufig immer noch – überspitzt formuliert – primär als Umweltschutz betrachtet, obwohl das Verständnis eigentlich viel umfassender ist. Es geht nicht nur um die ökologische Verantwortung, sondern auch um soziale und ökonomische Aspekte, die ebenso wichtig sind.
Gerade deshalb ist es für uns als Verein entscheidend, im Dialog mit unseren Mitgliedern und Fans zu bleiben. Dieser Austausch hilft uns nicht nur dabei, das gemeinsame Bewusstsein für diese Themen zu schärfen, sondern auch miteinander neue Ideen und Ansätze zu entwickeln.
Stefan, wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit Partnern für Nachhaltigkeitsprojekte beim HSV?
Stefan Kuntz: Sie ist enorm wichtig, weil sie eben auch unseren Handlungsspielraum vergrößert und die Sensibilisierung insgesamt erhöht.
Der Hamburger Weg wurde im Geschäftsjahr 2023/24 neu positioniert und ist seitdem eine Initiative für Unternehmenspartnerschaften in den Themenfeldern Nachhaltigkeit und soziales Engagement. Auf dem Hamburger Weg gestalten wir zusammen Zukunft in der Hansestadt.
Wir gehen den Hamburger Weg zusammen mit Partnern, indem wir ausgewählte Nachhaltigkeitsprojekte in Kooperation umsetzen und vorstellen. So wurden am Volksparkstadion im Sommer 2024 zum Beispiel acht Shell Recharge AC Ladepunkte für Elektrofahrzeuge installiert.
Wir beschreiten den gemeinsamen Weg auch, indem wir ausgewählte Nachhaltigkeitsprojekte von Partnern präsentieren. Dazu zählt zum Beispiel die vegane Stadionbratwurst von der Rügenwalder Mühle, die im Volksparkstadion angeboten wird.
Der HSV setzt die Kraft seiner Gemeinschaft und des Sportes beziehungsweise des Fußballs ein, um als Multiplikator für nachhaltige Entwicklung zu fungieren. Wie kann der HSV eine Vorbildfunktion einnehmen, um das Nachhaltigkeitsbewusstsein von Mitgliedern und Fans sowie der eigenen Sportlerinnen und Sportler zu fördern?
Marcell Jansen: Mit unseren mehr als 110.000 Mitgliedern, zu denen auch die Sportlerinnen und Sportler gehören, haben wir als HSV eine großartige und gleichzeitig sehr diverse Basis. Das Gute ist: Viele unserer Mitglieder haben Lust, den HSV mitzugestalten und sich einzubringen. So können sie in ihrem jeweiligen Umfeld wiederum zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren unseres gemeinsamen Verständnisses von Nachhaltigkeit werden. Durch integrative Vereinsarbeit, inklusive Sportangebote oder die Förderung von sozialem Engagement beispielsweise im ehrenamtlichen Bereich können wir gezielt das Bewusstsein für nachhaltiges Handeln fördern und positive Beispiele setzen.
Stefan Kuntz: Unsere Spieler nehmen als prominente HSV-Repräsentanten eine exponierte Rolle mit Strahlkraft ein. Damit geht auch eine Verantwortung einher, denn viele Kinder und Jugendliche eifern ihren Idolen nach. Wenn unsere Spieler beispielsweise eine Fahrgemeinschaft bilden oder mit dem Rad zum Training fahren beziehungsweise unsere HSV-Stiftung unterstützen, wirken sie als Vorbild. Und dann nutzen wir auch gern unsere Reichweiten, um das Bewusstsein für solch gute Alltagstaten zu fördern.
Inwieweit können sich eurer Meinung nach zukünftig Wettbewerbsvorteile durch eine starke Positionierung des HSV im Themenfeld Nachhaltigkeit ergeben?
Marcell Jansen: Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Trend, sondern eine wichtige Haltungsfrage für viele Menschen. Unabhängig von der eigenen Vereinsliebe wird es für viele immer wichtiger, sich mit einem Verein zu identifizieren, der verantwortungsbewusst handelt und soziale sowie ökologische Verantwortung übernimmt. Durch eine starke Positionierung im Themenfeld Nachhaltigkeit können wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern und Fans nicht nur unsere Identität stärken, sondern auch aktiv an der Zukunft unseres Vereins mitwirken.
Stefan Kuntz: Es ist unsere Aufgabe, den HSV als Traditionsverein in die Zukunft zu führen. Zukunftsfähigkeit ist eng mit Nachhaltigkeit verknüpft. Wettbewerbsvorteile sind sicherlich nicht sofort zu erkennen oder gar monetär zu beziffern. Das Themenfeld Nachhaltigkeit hat aber eine Relevanz für unsere Fans, unsere Partner und im Wettbewerb um Mitarbeitende für unsere Geschäftsstelle. Allein deshalb lohnt sich der Weg der nachhaltigen Entwicklung.
Vielen Dank euch beiden für das Gespräch!
SDGs?
SDGs ist die Abkürzung für Sustainable Development Goals. Es handelt sich um 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, die von den Vereinten Nationen verabschiedet wurden.