UMWELT

Fotos: Lucas Wahl

Fans nehmen entscheidenden Einfluss auf die ökologische und die soziale Entwicklung des Vereins. Sven Freese, Abteilungsleiter des Supporters Clubs (SC), im Interview.

Sven, der Supporters Club ist mit knapp 70.000 Mitgliedern in der Saison 2022/23 die größte Abteilung des Hamburger Sport-Verein e.V. Was entsteht in Sachen Nachhaltigkeit aus der Fanszene heraus?
Da nenne ich direkt diesen Nachhaltigkeitsbericht, ein Paradebeispiel. Die Faninitiative „Unser HSV“ hat auf der Mitgliederversammlung 2021 einen entsprechenden Antrag gestellt und unter anderem mit den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen begründet. Die Mehrheit der Fanszene will ein klares Bekenntnis des HSV zur Nachhaltigkeit – und zwar in allen Bereichen.

Vor allem für jüngere Fans ist das absolut wesentlich. Da gibt es innerhalb der Fanszene Generationenunterschiede. Aber wir alle wissen: Der Verein antwortet auf Bedürfnisse der Fans. Was der HSV macht, ist ganzheitlich und durchdacht.

Sieht den HSV auf dem richtigen Weg: Sven Freese

Foto: Matthias B. Scharf

Hast du Beispiele aus dem Bereich sozialer Nachhaltigkeit?

In Sachen gesellschaftlicher Verantwortung sind wir als HSV richtig weit und sehr aktiv. Ein Beispiel ist das Netzwerk Erinnerungsarbeit, das Netz E. Hier arbeiten Fans und Mitarbeitende gemeinsam mit verschiedenen Aktionen die NS-Vergangenheit des Vereins auf, um Diskriminierung zu bekämpfen. Und das bereits seit sieben Jahren sehr erfolgreich. Unter anderem zeigen wechselnde Ausstellungen in Kooperation mit weiteren Akteurinnen und Akteuren der Stadtgesellschaft, dass wir hinsehen und nichts beschönigen.

Es gibt viele Initiativen sozialer Nachhaltigkeit: Die HSV-Stiftung „Der Hamburger Weg“ spiegelt die Kraft des HSV genauso gut wider wie permanente große und kleine Spendenaktionen. Auch unsere Unterstützung Geflüchteter zeigt: Unser Verein ist mehr als ein reines Fußballprodukt.

Wo siehst du Chancen, CO₂ einzusparen, also ökologisch nachhaltiger zu agieren? Denn Support am Spieltag ist ja eine Mobilitätsfrage.

Auswärtsfahrten sind in Sachen Nachhaltigkeit ein schwieriges Thema. Krieg mal 20.000 Leute am Freitagabend nach Düsseldorf. Fest steht: Zu Hause zu bleiben ist keine Option. Ich reise selbst viel und weit. Ich liebe es, südamerikanischen Fußball live in den Stadien zu erleben. Und mir ist bewusst, was das für meinen ökologischen Fußabdruck bedeutet. Wir wollen als Supporters Club ein klares Bewusstsein schaffen. Unbedingter Support vor Ort – mit Fokus auf Umweltfreundlichkeit.

Der Supporters Club ist weit vorn in Sachen Gruppenreisen. Sonderzüge sind die umweltfreundlichste Variante, um zu Auswärtsspielen zu fahren. Unsere Aufgabe ist es, zu sensibilisieren. Das hat Potenzial. Gemeinsam finden wir einen Weg zwischen geilem Support und geringeren CO₂-Emissionen.

Zu Heimspielen reisen die meisten Fans mit dem öffentlichen Personennahverkehr, mit dem Auto oder mit dem Rad an.

Wie ist es konkret bei Heimspielen?

57.000 Menschen passen ins Volksparkstadion, das deutschlandweit achtgrößte Stadion. Beim letzten regulären Heimspiel der Saison 2022/23 gegen die SpVgg Greuther Fürth am Samstag um 20:30 Uhr lag die Autoquote bei fast 46 Prozent. Und das Auto hat höhere Emissionswerte als Bus und Bahn.

In puncto Fanmobilität haben wir zwei Hebel. Das sind die Wahl des Verkehrsmittels und die Nutzung in der Gruppe. Fans, die mit dem Auto kommen, tauschen sich in Mitfahrgruppen auf sozialen Netzwerken aus und tun sich zusammen. Das ist ein Weg. Durch Ressourcenschonung nehmen Staus ab – und die Gemeinschaft nimmt zu.

Inwieweit sind Anstoßzeiten relevant?

Alles hängt zusammen: Fanfreundliche Anstoßzeiten bedeuten auch, dass die umweltfreundliche Reise mit der Bahn möglich ist. Das greift ineinander. Es sind nicht alle Spieltage mit dem Zug zu machen. Freitags fahren die Leute mehr Auto als samstags und sonntags.

Der Verein antwortet auf Bedürfnisse der Fans.

Sven Freese

Ist das Fahrrad eine Option?

Da ich in Winterhude wohne, fahre ich mit meinem Rad zum Stadion. Aber es kommt längst nicht jede und jeder aus nahen Stadtteilen Hamburgs.

Insgesamt nimmt der Radverkehr zu. Eben hat eine Grünphase für die Fahrradfahrerinnen und -fahrer nicht gereicht, damit alle über die Straße kommen. Man sieht es auch an den Fahrradstellplätzen. Die Fahrradlehnbügel an der Geschäftsstelle Ost waren früher verwaist; heute bleibt an Heimspieltagen kein Platz frei.

Die Fahrradsituation ist ein exzellentes Beispiel dafür, was der HSV und die Stadt Hamburg gemeinsam tun können – für umweltfreundliche Fanmobilität. Fans brauchen bessere Radwege und mehr Stellplätze. Damit kann man die Radquote massiv erhöhen.

Auch die StadtRAD-Station am Stadion geht auf Initiative der Fans zurück.

Ja! Das ehrenamtliche Engagement unserer Fangemeinschaft ist der Wahnsinn. Wir haben an der Ecke Sylvesterallee/Schnackenburgallee eine StadtRAD-Station in unmittelbarer Nähe zum Volksparkstadion. Der Standort ist perfekt und auf unseren Wunsch hin entstanden.

Zahlreiche Fans haben diese Station beantragt. Engagement und Zusammenspiel – das ist der Kern der Nachhaltigkeit. Wir bringen Menschen zusammen. So können wir viel bewirken. Nehmt das Rad zum Stadion! Ihr könnt es mit der Bahn kombinieren. Das ist gesund und schont die Umwelt.

Lässt sich bei Großveranstaltungen wie HSV-Spielen Müll vermeiden?

Es ist die Verantwortung der Clubs, dafür zu sorgen, dass rund um ihre Spiele wenig Müll verursacht wird. Gleichzeitig hat jeder Fan die Verantwortung, Abfall zu vermeiden und anständig zu entsorgen. Und da sind wir wieder bei einer Schnittstelle zur Stadt, die Mülleimer und Stadtreinigung verantwortet.

Was steht als Nächstes an?

Durch die verbindende Kraft des HSV können wir gemeinsam Dinge bewegen. Nachhaltigkeit soll in die Vereins-DNA. Aber bei der Ökologie hat ein Fußballverein Grenzen. Wir wollen auswärts fahren und wir wollen ins Stadion.

Unser SC-Merchandise stellen wir jetzt mit Unterstützung der Expertise in der HSV Fußball AG nachhaltiger auf. Wir schonen Ressourcen durch Synergien. Der HSV agiert durchdacht, ist nicht immer der erste Akteur, aber zieht es durch von A bis Z.

Und was mich stolz macht: Wir arbeiten Fehler auf. Eine konstruktive Fehlerkultur zeichnet uns aus. Wir zeigen Haltung!

SDGs?

SDGs ist die Abkürzung für Sustainable Development Goals. Es handelt sich um 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, die von den Vereinten Nationen verabschiedet wurden.

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